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Stender Magazin

Unersetzlich und bald verboten?
Baumschulen auf dem Weg zu torffreien Substraten.

Stender Redaktion /8 Min. Lesezeit / 7. Oktober 2022

Muss der Torf ersetzt werden?

Was Baumschulen über Torfreduktion wissen sollten

Torf bleibt ein Thema.

Besonders in Baumschulen ist man noch auf den Torf als Zuschlagstoff in der Erde angewiesen. Eine Tatsache, die sich nicht wegargumentieren lässt. Doch es gibt gute Gründe, weshalb Baumschulen sich schon jetzt mit einem Torfausstieg beschäftigen müssen. Wir haben die wichtigsten Punkte für dich aufbereitet.

Moore und ihre Funktion

Wieso muss der Torf ersetzt werden?

Moore zählen zu den wichtigsten Kohlenstoffsenken.

Moore nehmen nur wenig Raum der Landfläche ein. Nur etwa 3 % bedecken sie. Da ist es schon verwunderlich, wie diese verhältnismäßig kleinen Flächen so enorme Mengen Kohlenstoff speichern können. In den Mooren der Welt sind ca. 21 % bis 33 % des gesamten organischen Kohlenstoffs gespeichert. Zum Vergleich: Pro Hektar binden Moore ca. viermal mehr CO₂ als die Tropenwälder.

Moore wirken dem globalen Klimawandel also stark entgegen.

Allerdings gilt das nur, solange der Torf im Boden bleibt. Denn durch die Trockenlegung und den Abbau von Torf wird der in Moorböden gebundene Kohlenstoff als CO₂ freigesetzt.


Es hat also drastische Konsequenzen für das globale Klima, wenn Torf als Zuschlagstoff für Blumenerde, Kultursubstrate oder zur Bodenverbesserung genutzt wird. Auch ist Torf eine endliche Ressource, alleine deshalb lohnt es sich, nach Alternativen zu suchen.

Die gute Nachricht: Diese Alternativen gibt es. Natürlich lässt sich der Torf nicht eins zu eins ersetzen. Dennoch funktionieren viele anspruchsvolle Kulturen schon jetzt mit einer Torfreduktion von 50 % bis sogar 70 %. Wir sind zuversichtlich, dass wir diese Zahlen in den nächsten Jahren deutlich steigern können.

Was macht Torf als Zuschlagstoff so besonders und warum ist es schwer ihn zu ersetzen?

Torf ist seit den 1950er Jahren die meistverwendete Substratkomponente – und das aus gutem Grund. Denn Torf hat alles, was man sich von einem Zuschlagstoff wünscht. Er hat nahezu perfekte physikalische, chemische und biologische Eigenschaften. So besitzt er ein hohes Porenvolumen, kann Wasser extrem gut halten und das bei stabiler Luftkapazität. Eine weitere förderliche Eigenschaft ist der niedrige pH-Wert.

So lassen sich Kulturen sehr leicht regulieren und nachdüngen. Die Handhabung ist also deutlich erleichtert. Dazu kommt, dass Torf in einer ausreichenden Menge vorhanden ist und verhältnismäßig preiswert ist.

Alle diese Eigenschaften sorgen dafür, dass Torf für lange Zeit als die beste Lösung galt. Demgegenüber stehen nun die Folgen der Klimaerwärmung, die das Ersetzen des Torfs unausweichlich machen.

Stand der Dinge

Der Status Quo in der Politik

Die entscheidende Frage ist jetzt: Wie verhält sich die Politik? Wird der Torfabbau oder der Torfeinsatz verboten?


Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, sagte dazu Folgendes:

Wir wollen, dass die Verwendung von Torf im Erwerbsgartenbau bis 2030 weitgehend reduziert wird. Im Hobbybereich soll der Einsatz von Torf bis 2026 beendet werden. Wir unterstützen damit die nationale Moorstrategie, die das langfristige Auslaufen der Torfverwendungen im Gartenbau zum Ziel hat. Der Zeitplan entspricht dabei den Vorgaben des Klimaschutzprogramms 2030.

Im Rahmen der Torfreduzierung wurde eine Torfminderungsstrategie erarbeitet. Diese soll allerdings auf freiwilliger Basis umgesetzt werden.


Um es klar zu sagen: Derzeit ist kein Verbot von torfhaltigen Substraten geplant – zumindest nicht in Deutschland. Großbritannien ist hier schon einen Schritt weiter. Dort wird Torf ab 2025 teilweise verboten sein. Es ist fast sicher, dass Deutschland mittelfristig nachziehen wird – wann genau, das weiß momentan noch niemand.

Die Gesellschaft fordert nachhaltige Produkte. Die Kunden fordern nachhaltige Produkte mehr und mehr ein. Deshalb ist es gut, dass wir schon früh versucht haben, den Torf zu reduzieren.

Andere Käufer, andere Wünsche

Wie sich der Markt bereits verändert hat und was das für Baumschulen bedeutet

Nicht nur die Politik nimmt derzeit einen großen Einfluss auf den Markt. Schon immer unterliegt die Gartenbaubranche dem Markteinfluss und damit den Wünschen der Konsument:innen.

Dabei ist ein Thema extrem relevant geworden – das Thema Ökologie beeinflusst die Branche stark.


Das macht sich bemerkbar durch die steigenden Qualitätsanforderungen an Produzent:innen oder auch Zertifikate und Gütesiegel, die vorausgesetzt werden.


Die Zeiten haben sich geändert. Das gilt nicht nur für die Gartenbaubranche – alle Branchen sind betroffen.


Wir alle sind täglich mit den Folgen der Klimaerwärmung konfrontiert. Es wird in den Nachrichten berichtet, es wird in der Schule darüber gesprochen, keine Woche vergeht ohne eine Dokumentation, die das Thema aufgreift. Umweltschutz und vor allem Klimaschutz sind omnipräsent.

Das nimmt natürlich einen großen Einfluss auf die gesellschaftliche Diskussion. Da ist es kein Wunder, dass viele Konsument:innen ihr Verhalten in den letzten Jahren angepasst haben. Es wird bewusst nachhaltig eingekauft. Kund:innen wollen sich sicher sein, mit ihrem Produkt eine gute Entscheidung getroffen zu haben. Das heißt in vielen Fällen, dass ein Produkt nachhaltig produziert wird. Diese innere Haltung hört nicht plötzlich im Gartencenter auf. Wenn Kund:innen die Wahl haben, dann entscheiden sich die meisten immer zugunsten der Nachhaltigkeit.

Es ist also davon auszugehen, dass mit steigender Aufklärung auch immer weniger Interesse an torfhaltigen Produkten besteht. Vor allem in jüngeren Generationen ist dieser Trend abzusehen.

So wird man als Baumschule nicht ins kalte Wasser geworfen.

Wenn es um den Torfausstieg geht, ist es das Wichtigste, vorbereitet zu sein. Viele Baumschulen haben enorme Warenwerte zu verwalten und genaue Produktions- und Lieferpläne. Hier muss alles ineinandergreifen und schlicht gesagt einfach funktionieren.


Das Gute ist: Gerade ist es noch möglich, nicht ins kalte Wasser geworfen zu werden. Baumschulen können ausprobieren, erste Erfahrungen mit torfreduzierten Substraten sammeln und schauen, wie einjährige, zweijährige und mehrjährige Kulturen auf neue Substrate reagieren.

Genau so geht unser langjähriger Partner, die Baumschule Christoph Marken, vor. Auch hier ist die Herausforderung klar: Die Strukturstabilität muss immer gewährleistet sein. Das gilt besonders bei Pflanzen, die über einen langen Zeitraum im Topf stehen.

Bei manchen Kulturen ist die Torfreduktion natürlich deutlich herausfordernder als bei anderen. Bambus, Blaubeeren oder Rhododendron sind auf einen niedrigen pH-Wert angewiesen. Umso wichtiger ist es, hier frühzeitig zu experimentieren. Wir bei Stender forschen gerade intensiv dazu. Klar ist jetzt schon: Torf wird sich hier nicht eins zu eins durch einen anderen Zuschlagstoff ersetzen lassen. Aber eine Lösung werden wir trotzdem finden.

Denn Lösungen findet man nur, wenn man aktiv nach ihnen sucht.

Erste Erfolge sind in Sicht: Torfreduktion hat Vorteile

Doch es gibt auch erste Erfolge zu feiern.


Die Erkenntnis des letzten Jahres ist vor allem: Manchmal ist es sinnvoller, torfreduziert zu arbeiten – oder gar völlig auf den Torf zu verzichten.


Ein tolles Beispiel dafür konnten wir uns bei unserem Besuch bei der Baumschule Christoph Marken anschauen. Die Kieferveredelung funktioniert hier bereits torffrei.


Der Vorteil des neuen Substrates ist die besonders gute Drainage. Diese führt zu einer leichteren Arbeit mit den Kiefern. Auch die Wurzeln sehen hervorragend aus und es findet sich keine Staunässe im Topf.


Da hier mit einem geschlossenen Bewässerungssystem gearbeitet wird, ist es sinnvoll, Substrate zu verwenden, die eine gute Drainage haben.

In Westerstede ist der Plan bisher also aufgegangen. Im Jahr 2022 ist man hier schon bei einer Torfreduktion von rund 50 % angekommen. Natürlich bei gleichbleibend guter Entwicklung aller Pflanzen.



Das zeigt: Es ist also möglich, jetzt gerade noch langsam und sicher umzustellen, ohne die Ware zu gefährden.

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